Kooperationsprojekte

Leibniz-WissenschaftsCampus Eastern Europe - Global Area (EEGA)

The Science Campus EEGA is established to work for the years 2016 - 2020. It is committed to developing new research perspectives on Eastern Europe, engaging in knowledge exchange activities on the region with stakeholders, and promoting young researchers. It follows the idea that the multi-disciplinary and multi-faceted examination of processes of globalisation are a key for a better understanding of actual societal developments.

To achieve its main aims, the EEGA concentrates on four main areas of activity:

1. Communication with Public and Multiplicators
2. Formation of the Scientific Field
3. Teaching and Young Talents
4. PostDoc Support

Accordingly the EEGA's measures are conceptualized. They are focussing on the key aspects of exchange, expression, school, advise, infrastructure, perspectives, connections, enrichment, innovation, interaction, future and excellence.

Weitere Informationen finden Sie hier.


Wege der Rechtsfindung in ethnisch-religiös gemischten Gemeinschaften. Erfahrungsressourcen in Polen-Litauen und seinen Nachfolgestaaten

Emmy-Noether-Gruppe (DFG)

Verantwortlich: Yvonne Kleinmann

Wie setzen ethnisch-religiös gemischte Gesellschaften die Gegebenheit kultureller Heterogenität in spezifische Formen des Rechts, der Interaktion und der Herrschaft um? Dieser Frage geht die Emmy-Noether-Gruppe am Beispiel Polen-Litauens und seiner Nachfolgestaaten im 19. und frühen 20. Jahrhundert nach. Sie untersucht die Wechselbeziehungen zwischen Religion und Recht unter wechselnden Herrschaftsbedingungen.
Mit Methoden der Rechtsanthropologie analysiert sie in drei diachron angelegten Fallstudien die Kommunikation unter den verschiedenen Religionsgemeinschaften. Besonderes Augenmerk gilt den Spielarten religiöser Koexistenz und dem Phänomen rechtlich-administrativer Autonomie. Rechtspraxis wird aufgefasst als ein Prozess des situativen Aushandelns hinsichtlich der Gültigkeit konkurrierender Rechtsnormen.

religion-and-law-in-east-central-europe.de


Einzelprojekte

"Bombenlegerinnen, Mörderinnen und Rebellinnen" - Das romantische Phantasma vom Körper der Frau und seine Transgressionen in der polnischen Gegenwartsliteratur

Promotionsprojekt, gefördert durch die Stiftung für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit

Iris Bauer

Verteidigt im Dezember 2022, Publikation in Vorbereitung

Das Promotionsprojekt mit dem Arbeitstitel "Bombenlegerinnen, Mörderinnen und Rebellinnen" - Das romantische Phantasma vom Körper der Frau und seine Transgressionen in der polnischen Gegenwartsliteratur liest zeitgenössische literarische Texte als Dekonstruktionen der in der für die polnische Kultur identitätsstiftenden Literatur der Romantik geschaffenen Weiblichkeitsimaginationen. Es wird dargestellt, inwiefern die Figurationen der weiblichen Körper in den bisher ausgewählten Texten, wie Sylwia Chutniks Debutroman Kieszonkowy Atlas Kobiet (2008), Dominika Dymińskas Lyrikband Danke (2016) sowie Jacek Dehnels Matka Makryna (2014) mit den von den polnischen Nationaldichtern tradierten Narrativen von 'der polnischen Frau' brechen. Denn trotz nicht nur in der Literatur bereits vor 1989 vollzogener Dekonstruktionen des Werte- und Zeichensystems der polnischen Romantik, wie z.B. bei Witold Gombrowicz, der sich in seinen Texten mitunter der romantisch-patriotischen Aufladung des Künstlers widersetzt, sowie einzelner Auseinandersetzungen mit weiblichen Körpern und ihrer romantischen Inanspruchnahme - zum Beispiel bei Tadeusz Boy-Żeleński oder Zofia Nałkowska -, kann erst nach 1989 vom Anfang einer bewusst auf die romantischen Phantasmen forcierten kritischen Analyse gesprochen werden. Geht es in der Literatur der Anfang der 1990er debütierenden Autorinnen wie Manuela Gretkowska oder Izabela Filipiak in erster Linie um die Ausdifferenzierung kultureller Weiblichkeitsimaginationen und um eine Demystifizierung der von der Romantik idealisierten Mutterschaft, so stellen erst die Texte der jüngsten Gegenwartsliteratur gezielte Transgressionen des romantischen Phantasmas vom Körper 'der polnischen Frau' dar. Das Promotionsprojekt geht der These nach, dass erst diese jüngsten literarischen Beispiele in ihrer Reflektion des romantischen Paradigmas Geschlechtergrenzen verwischen und Rollen vom biologischen Geschlecht befreit in neuer Besetzung im kulturellen Imaginären verankern, wodurch Frauenfiguren entgegen ihrer romantischen, mystifizierten Aufladung und ihrer stark eingegrenzten Subjekthaftigkeit schließlich auch zu "Mörderinnen, Bombenlegerinnen und Rebellinnen" (Vgl. Chutnik, 2008, 100) werden können. Indem das romantische Phantasma vom 'Körper der Frau' als literarisches Phänomen mit historischen, gesellschaftlichen und sozialen Kontexten, Fragen nach Wissenstransfer und Machtstrukturen verknüpft wird, können Rückschlüsse darauf gezogen werden, wie sich die polnische Gesellschaft in ihren unterschiedlichen Räumen, in der Romantik und heute (nach 1989 und jetzt) konfiguriert bzw. (literarische) Identitäten, mit dem Fokus auf das Spannungsfeld zwischen Gender und Nation konstruiert werden.


Demokratisierung als parlamentarische Praxis. Der polnische Kontrakt-Sejm 1989-1991

Eigene Stelle (DFG)

Dr. Paulina Gulinska-Jurgiel

Thema des Projekts ist die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des polnischen Übergangs zur Demokratie ab 1989. Im Mittelpunkt steht der sog. Kontrakt-Sejm (sejm kontraktowy). Mein zentrales Anliegen ist es, die polnische Transformation aus dem Kontext ihrer Zeit heraus zu verstehen. Damit distanziere ich mich sowohl von Forschungstendenzen, die in ihrer Auseinandersetzung mit 1989 versuchen, die Misserfolge der während der Transformation postulierten Lösungen retrospektiv zu erklären, als auch von politischen Engführungen dieses Prozesses. In meinem Projekt befasse ich mich anhand des polnischen Fallbeispiels mit der generellen Ambivalenz von demokratischen Körperschaften, die Ordnungen herstellen, ohne auf einer klaren rechtlichen Grundlage zu agieren. Deshalb ist die Frage nach der Legitimität als Basis des politischen Handelns zentral. Sie muss insbesondere im Hinblick auf die erste polnische Parlamentskammer dringend gestellt werden, da diese anders als die zweite Kammer im Zuge von nur teilweise freien Wahlen entstand und folglich Kontinuitäten zum politischen System der Volksrepublik Polen aufwies. Das polnische Parlament verstehe ich als ein flexibel eingesetztes Instrument auf dem Weg zum Umbau und zur Stabilisierung einer demokratischen Herrschaftsordnung. Im Fokus stehen also nicht die Ergebnisse seines legislatorischen Schaffens, sondern der Prozess der Interaktionen und kommunikativen Aushandlungen. Sie veranschaulichen, wie Demokratie nach 1989 performativ hervorgebracht, umkämpft und angefeindet wurde. Diesem Anliegen nähere ich mich empirisch, in dem ich zentrale Debatten untersuche, die darauf abzielten, eine polnische Demokratie zu etablieren. Ihre Kernelemente bildeten Konzepte wie Repräsentation, Partizipation, Souveränität und Rechtsstaatlichkeit. Ihre Bedeutung überprüfe ich anhand von Debatten über die neue Organisation der politischen Struktur, etwa über die Gesetzgebung zu den politischen Parteien, das Verfassungstribunal und die Staatsanwaltschaft. Darüber hinaus analysiere ich Debatten, die sich mit der realen und symbolischen Ebene der Staatsform, das heißt, mit der Änderung der Verfassung, des Staatsnamens, des Staatswappens und der Hymne befassen. Um das polnische Parlament in seiner Dichte und Komplexität darstellen zu können, analysiere ich diese auf mehreren Ebenen: Zum einen befasse ich mich mit der Dokumentation der öffentlichen Plenarsitzungen, zum andern mit der Dokumentation der Arbeit anderer Gremien. Dazu zählen die Gesetzgebungs- und Verfassungskommission sowie das Konvent der Senioren. Auf dieser Grundlage werde ich nachzeichnen können, wie die jeweiligen Konzepte variierten bzw. an Struktur gewannen und wie unterschiedliche Akteure ihr Demokratieverständnis diskursiv aushandelten. Die Ergebnisse und Erkenntnisse aus der Fallstudie zur polnischen Legislative zum 1989 sollen eine vertiefte Auseinandersetzung mit einem universalen Phänomen, nämlich mit dem politischen Systemwandel, ermöglichen.


Akteure der systemübergreifenden Kooperation im Kalten Krieg. Die Aufarbeitung von NS-Verbrechen in Polen und der BRD (1958–1970)

Paulina Gulińska-Jurgiel

Habilitation eingereicht im Dezember 2022, Publikation in Vorbereitung

Das Projekt erforscht die Kooperation zwischen polnischen und bundesrepublikanischen Juristen im Bereich der justiziellen Ahndung von NS-Verbrechen nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Analyse konzentriert sich auf die Jahre 1958-1970, also einen Zeitraum, in dem keine diplomatischen Beziehungen zwischen der BRD und der VR Polen bestanden. Im Fokus der Forschungsinteressen liegt das Interagieren in dieser rechtlichen Grauzone, das aus dem gemeinsamen Interesse an der Ahndung von NS-Verbrechen resultierte. Das empirische Feld ist die Zusammenarbeit zwischen der Hauptkommission zur Erforschung der Deutschen/Hitleristischen Verbrechen (Główna Komisja Badania Zbrodni Niemieckich/Hitlerowskich w Polsce) in Warschau und der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg. Im Mittelpunkt der Analyse stehen die Beziehungen zwischen den beiden Institutionen, zwischen einzelnen Akteuren und deren unterschiedliche rechtskulturelle Praktiken.

Den Kern der Untersuchung bilden die konkreten Kooperationsformen: schriftliche Kommunikation in Form von Korrespondenzen ebenso wie wechselseitige Besuche und Dienstreisen. Die Aufmerksamkeit richtet sich insbesondere auf die variierenden Rollen der involvierten Juristen, Experten und Laien, darüber hinaus darauf, wie sie das eigene und das fremde Rechtsverständnis reflektierten und daraus Schlussfolgerungen zogen. Deshalb analysiere ich gezielt sprachliche, argumentative und nonverbale Aspekte der bilateralen Kontakte, etwa Übersetzung, Sprachduktus, Konsensfindung und Schweigen. Auf diese Art und Weise werden rechtskulturelle Praktiken in ihrer Dynamik betrachtet und eine neue Narration der justiziellen Aufarbeitung von NS-Verbrechen geschaffen, in der die Handlungsfreiräume der Akteure und Eigendynamiken der justiziellen Kooperation im ideologischen Umfeld des Kalten Krieges in den Vordergrund rücken.


Stadtpolitiken zur Zeit der sächsisch-polnischen Union. Das Beispiel der großpolnischen Städte Wschowa/Fraustadt und Leszno/Lissa

Karsten Holste

Die Geschichte polnischer Städte während der Sachsenzeit (1697-1763) ist lange Zeit als Geschichte eines Niedergangs geschrieben worden. Den Fokus bildeten dabei die starke wirtschaftliche und politische Position der Städte im ausgehenden Mittelalter und die als gegenüber dem westlichen Europa als defizitär empfundene Entwicklung im 19. Jahrhundert. In wirtschafts- und sozialgeschichtlicher Hinsicht schien die Stadtgeschichte damit die politikgeschichtliche These eines Scheiterns der sächsisch-polnischen Personalunion zu bestätigen. In stadtgeschichtlichen Forschungen der letzten Jahrzehnte ist allerdings das Kontinuitätsnarrativ von der mittelalterlichen zur modernen Stadt grundsätzlich infrage gestellt worden. Galten die frühneuzeitlichen Zustände im Vergleich zum 19. Jahrhundert lange vor allem als defizitär, geraten heute verstärkt die innovativen Strategien im Umgang mit Krisenerscheinungen in den Fokus.

Ziel des Projektes ist es zunächst, am Beispiel der königlichen Stadt Wschowa und der Privatstadt Leszno mikrogeschichtlich gestützte Aussagen über die Wahrnehmung von Stagnation und Wandel in städtischen Gesellschaften Großpolens in der Zeit der sächsisch polnischen Union zu ermöglichen. Im Hinblick auf die Historiographie zur Sachsenzeit zielt das Projekt auch auf Einblicke in die Auswirkungen der Union auf die Politikformen sowohl gegenüber als auch innerhalb der Städte. Letztlich soll am Beispiel der Politiken in und gegenüber großpolnischen Städten nach dem Wechselverhältnis von Rhetorik und sozial-religiöser Ordnung gefragt werden. Im weiteren Sinne versteht sich das Projekt damit als ein Beitrag zum besseren Verständnis der Strategien unterschiedlicher Akteure im Umgang mit Krisensituationen und Entwicklungsperspektiven.


Expertise im Exil? Wissenschaftler:innen aus dem östlichen Europa im westlichen Exil und ihr Einfluss auf öffentliche und politische Diskurse über potentielle Staatsbildungen im 19. und frühen 20. Jahrhundert.

Dr. Sven Jaros

Mein Buchprojekt ist im Zeitraum der Verwissenschaftlichung öffentlicher und politischer Diskurse im 19. und frühen 20. Jahrhundert angesiedelt. Mein Fokus liegt dabei auf Wissenschaftler:innen, vornehmlich aus dem Russländischen Reich, im westlichen Exil. Ich frage danach, wie sie über ihre Netzwerke und Publikationen Einfluss auf die öffentliche und politische Meinungsbildung über die zukünftige Gestaltung der politischen Landkarte des östlichen Europas nahmen. Wie bewegten sich diese Akteur:innen zwischen den verschiedenen imperialen Ordnungen? Wie positionierten sie sich selbst zwischen den sich ausdifferenzierenden Sphären von Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit? Auf welcher Basis formulierten sie ihre Vorstellungen der politischen Neugestaltung des östlichen Europas, seien sie national, föderal, sozialistisch oder anarchistisch? Um herauszuarbeiten, wie sich konkurrierende Vorstellungen zueinander verhielten, stehen dabei die östlichen Regionen des ehemaligen polnisch-litauischen Commonwealths (heutiges Ostpolen, Baltikum, Litauen, Belarus sowie Ukraine) im Fokus, die von verschiedenen politischen Bewegungen beansprucht wurden. Das Projekt wird Ansätze der historischen Diskursanalyse, der Netzwerkforschungen sowie der Kollektivbiographie. Das Projekt wird zum Verständnis des östlichen Europas als hochgradig verflochtenes, transnationalen Laboratorium politischer Diskurse sowohl im imperialen als auch im postimperialen Kontext beitragen.


Religiöse Heterogenität im Spiegel des Rechts. Theorie und Praxis einer städtischen Verfassung im frühneuzeitlichen Polen

Prof. Dr. Yvonne Kleinmann

Religiöse Heterogenität wird - ob in aktuellen politischen Debatten oder in der historischen Forschung - tendenziell als Problemkonstellation betrachtet und auf ihre Konflikt- und Gewaltträchtigkeit hin untersucht. Die Aufmerksamkeit richtet sich in der Regel auf ideologische Differenzen und unvereinbare Wertesysteme. Das hier skizzierte Projekt basiert auf einem anderen, pragmatischen Zugang: Es fragt nach dem Potential von Recht, die Koexistenz unterschiedlicher religiöser Praktiken zu sichern und soziale Beziehungen zwischen Angehörigen verschiedener Religions- und Konfessionsgemeinschaften jenseits des rituellen Lebens funktional zu gestalten. Aus dieser Perspektive ist Konflikt eine temporäre und reparable Dysfunktionalität eines sozialen Systems. Die Untersuchung beruht auf einem breiten und im Plural gedachten Verständnis von Recht: Unspektakuläre zivilrechtliche Kommunikation interessiert ebenso wie strafrechtliche Auseinandersetzung, gelehrte Rechtsvorstellungen ebenso wie jene von Laien, Rechtsnorm ebenso wie Rechtspraxis und -ritual. Im Mittelpunkt stehen die Prozesshaftigkeit und die Aushandlung von Recht, die Wege der Rechtsfindung.

Untersuchungsraum ist das föderal organisierte frühneuzeitliche Polen-Litauen. Im Mittelpunkt steht die Frage nach dem Potential einer lokalen Rechtsordnung, unterschiedliche religiöse Zugehörigkeiten - konkret katholische, jüdische und protestantische - politisch zu integrieren. Wie wurden Rechtssphären voneinander abgegrenzt, untergeordnete Herrschaftsträger etabliert, informelle Rechtspraktiken entwickelt, punktuell oder auch permanent einsetzbare Rechtsinstrumente konzipiert? Die Untersuchung konzentriert sich auf das Latifundium Rzeszów, insbesondere ihr Verwaltungszentrum, die Stadt Rzeszów, gelegen auf halbem Wege zwischen Krakau und Lemberg in der Übergangszone von polnisch- zu ruthenischsprachigen Gebieten im östlichen Kleinpolen und westlichen Ruthenien.

Die Relevanz der lokalen Perspektive leitet sich aus der spezifischen Herrschaftsstruktur Polen-Litauens ab. In stärkerem Maße als die benachbarten Staaten war die Staatenunion geprägt von der Aneignung politischer Macht durch Stände, Korporationen und Religionsgemeinschaften, die über Teilrechtsordnungen und unterschiedlich stark ausgeprägte Autonomien verfügten, aber ungeachtet dessen durch Ämter und Steuern in Beziehung zur Krone und zum Gesamtstaat standen. Mit dem Schwinden des königlichen Einflusses auf Gütern des Adels seit dem 16. Jahrhundert hing der Rechtsstatus von Nichtkatholiken außerhalb des Adelsstandes zunehmend von regionalen und lokalen Autoritäten ab. Ähnliches galt für die Regelung der rechtlichen, sozialen und ökonomischen Beziehungen zwischen Angehörigen unterschiedlicher Religionsgemeinschaften. Weder die Koexistenzregelungen für den Adel noch die königlichen Privilegien für die jüdische Bevölkerung waren für Latifundien wie Rzeszów relevant. Daher avancierte die adlige Grundherrschaft, insbesondere ihre städtischen Zentren, zu einer dritten Arena, in der verschiedene rechtstiftende Personen und Institutionen Grundregeln religiöser Koexistenz aushandelten. Der Typus der kleinen und mittleren Stadt wurde so zu einem wichtigen Impulsgeber in der Religionspolitik.

Das Projekt geht den aufgeworfenen Fragen in Form einer kontextualisierten Mikrostudie nach. Es gibt zunächst einen Überblick über die Wechselbeziehungen zwischen Recht und Religion im frühneuzeitlichen Polen-Litauen, um sich dann dem Latifundium Rzeszów zuzuwenden. Dessen Entstehungsgeschichte, Bevölkerungsstruktur, Herrschafts- und Wirtschaftssystem werden lediglich skizziert. Eine Analyse der juristischen Ressourcen in der Religionspolitik führt zum Kern der Untersuchung, sieben Mikrostudien zu den zentralen Themen der trans- und interreligiösen Kommunikation in Rzeszów. Deren Gegenstand sind: das Herstellen von Verbindlichkeit, Sicherheit und Solidarität, Hierarchien und Respekt, sozioökonomische Abgrenzung und Verflechtung, Sitten und Moral, christliche und jüdische Frömmigkeit sowie religiöser Dissens. Zusammenfassend wird in regional vergleichender Perspektive das Potential einer städtischen Verfassung in der Integrierung religiöser Heterogenität abgewogen.


Ruprecht von Waldenfels

Aktuelle Projekte:

  • Historische Konvergenzprozesse Polnisch-Ukrainisch-Belarussisch
  • Soziolinguistik des Wechsels vom Dialekt zum Standard im Russischen und Polnischen anhand von Spisz (Polen) und Ustjanskij Rajon (Nordrussland)
  • Variation des Standardukrainischen
  • Gesprochene slavische Korpora
  • Typologie der slavischen Sprachen anhand von Parallelkorpora
  • Netzwerk Slavic Spoken Corpora

Polnische Kriegsgefangene im Ersten Weltkrieg zwischen Propaganda und nationaler Selbstbehauptung

Promotionsprojekt, MLU Halle

Laura Krebs, M.A.

In ihrem Promotionsprojekt widmet sich Laura Krebs der Erfahrung von Kriegsgefangenschaft polnischer Soldaten in den Jahren 1914 bis 1918, schwerpunktmäßig im Deutschen Kaiserreich.

Kriegsgefangenschaft war im Ersten Weltkrieg ein Massenphänomen. Aufgrund der hohen Gefangenenzahlen errichteten die kriegführenden Staaten innerhalb kürzester Zeit ein ausgeprägtes Kriegsgefangenenlagerwesen. Die Gefangenen polnischer Nationalität aus den Armeen der drei Teilungsmächte Polens waren dabei für beinahe alle kriegführenden Staaten von hohem politischen Interesse. Die hier untersuchten polnischen Kriegsgefangenen waren im Dienst der kaiserlich-russischen Armee in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten und offiziell auch als „Russen“ verzeichnet. Die Nationalitäten- und Polenpolitik des Kaiserreichs bedingte jedoch, dass ein Teil von ihnen, der sich selbst als Polen verstand und/oder von deutscher Seite so wahrgenommen wurde, in sogenannten „Polenlagern“ untergebracht wurde. In diesen speziellen Kriegsgefangenenlagern waren die Polen nationalistischer Propaganda und Instrumentalisierungsversuchen für die deutschen Kriegsziele ausgesetzt. Zugleich erprobten sie dort eine nationale Selbstorganisation, die nach der erstrebten Wiederrichtung dem zukünftigen polnischen Staat zugute kommen sollte. Die geplante Doktorarbeit soll die Kriegsgefangenschaft von polnischen Soldaten im Ersten Weltkrieg vor dem doppelten Hintergrund der spezifischen Erfahrung von Kriegsgefangenschaft sowie der besonderen Kriegserfahrung von Polen als geteilter Nation in den Blick nehmen.


Defining "Unofficial Medicine" in the Russian Empire: Imperial and Regional Perspectives (mid-18th-early 19th centuries)

Promotionsprojekt, MLU Halle

Kateryna Pasichnyk, M.A.

My dissertation deals with the question of how people in the 18th-century Russian empire defined proper medical practice. Historiography has long concluded that state-supported medicine was only part of the more comprehensive medical pluralism of the early modern period, despite state support and sponsorship and contrary to the laws that provided normative definitions of legally recognized medical practice. The Russian empire was no exception. Through a systematic analysis of denunciations and investigations of "unlicensed healing" in Saint Petersburg and the Podolian province, this project places the normative ideal of what was "proper medical treatment" -- practice recognized by the Medical College -- into a wider range of alternative views of proper medical practice. I propose to investigate the definition of good medical practice as a complex process involving various actors, medical and civil administration, state-appointed and private physicians, and laymen as patients and clients involving the interplay of legal and social norms. Taking imperial and regional perspectives allows us to situate the Podolian lands within the larger imperial medical world and reflect upon the broader issues, like the introduction of the new imperial normativity in former Polish-Lithuanian lands, the formation of legitimacy beliefs amid new subjects, and the dynamics between imperial and local medical cultures.


Architektur und Herrschaft. Staatskonzeption und militärische Präsenz in der habsburgischen Provinz Galizien-Lodomerien, 1849-1859.

Promotionsprojekt, MLU Halle

Frank Rochow, M.A.

Verteidigt im Dezember 2022, Publikation in Vorbereitung

Die Revolution 1848/49 stellte für die Habsburgermonarchie eine existentielle Bedrohung dar. Nur mit Hilfe des Militärs konnten die verschiedenen Territorien in dem politischen Verband unter der Krone des Hauses Habsburg gehalten werden. Als Reaktion  wurde unter dem jungen Kaiser Franz Joseph I. ab 1848 der kurz zuvor eingeschlagene Modernisierungskurs, der aus diesem „zusammengesetzten Staat“ einen modernen Staat nach westeuropäischem Vorbild entstehen lassen sollte, unter anderen Vorzeichen fortgeschrieben. Innerhalb dieses forcierten Staatsbildungsprozesses fungierte das Militär als Klammer, die einzig den Zusammenhalt und die territoriale Integrität der Monarchie garantieren konnte. Materieller Ausdruck dieser Funktion war die Umsetzung eines ambitionierten Projektes zur Schaffung eines monarchieweiten Befestigungssystems.

Durch eine genaue Untersuchung der Realisierung der Teilprojekte in Krakau (heute: Kraków, Polen) und Lemberg (heute: L’viv, Ukraine) wird die Rolle des Militär vis-à-vis anderen sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Akteuren herausgearbeitet. Durch die Analyse sowohl interner Verwaltungs- als auch externer Aushandhandlungsprozesse, die alle Phasen der Bauplanung und –umsetzung umfasst, werden allgemeine Herrschaftsmechanismen ebenso deutlich herausgearbeitet wie die Grenzen des „neoabsolutistischen“ Gebarens der herrschenden Elite. Im Ergebnis entsteht somit eine facettenreiche Mikrostudie zur Verwaltungsgeschichte des Habsburgerstaates an einem kritischen Moment seiner Entwicklung, in der Ansätze der neueren Militärgeschichte, Methoden der historischen Raumforschung und des spatial turn sowie herrschaftskritische Perspektiven miteinander verbunden werden.


Ringelblums Nachlasswalter. Das Jüdische Historische Institut in Warschau und die Wahrnehmung des Holocaust 1947–1989.

Stephan Stach

Das Jüdische Historische Institut (Żydowski Instytut Historyczny - ŻIH) war das einzige Holocaustforschungs- und Dokumentationszentrum in Polen, das von der Etablierung der kommunistischen Herrschaft bis zu ihrem Fall im Jahre 1989 tätig war. Es entstand 1947 aus der Zentralen Jüdischen Historischen Kommission in Polen und existiert bis heute. Als Aufbewahrungsort des von Emanuel Ringelblum geschaffenen Untergrundarchivs des Warschauer Ghettos - und zahlreicher weiterer bedeutender Quellen zur Geschichte der Juden und des Holocaust - sowie als Forschungseinrichtung, die sich dezidiert der Aufgabe verschrieben hatte, die Ermordung der Juden Polens und Europas vor allem aus der Perspektive der Opfer zu dokumentieren und zu erforschen, wurde das ŻIH in doppelter Hinsicht zum Nachlasswalter Emanuel Ringelblums.

Am Beispiel des Jüdischen Historischen Instituts, einer wissenschaftlichen aber ebenso dezidiert jüdischen Institution, sollen in dem Forschungsprojekt drei Themenkomplexe untersucht werden: Zunächst analysiert die in einem weitgefassten Sinne institutionsgeschichtlich angelegte Studie am Gegenstand des ŻIH die Entwicklung der polnisch-jüdischen Beziehungen in der Volksrepublik Polen. Auf einer zweiten Ebene sollen ausgehend vom ŻIH die Entstehung und Entwicklung der Holocaustforschung in der Volksrepublik Polen in ihren transnationalen Bezügen untersucht werden. Der dritte Themenkomplex behandelt schließlich die Frage, wie das ŻIH mit seinen Publikationen über die Geschichte des Holocaust, seinen Ausstellungen im hauseigenen Museum und anderswo popularisierte sowie durch die Einbindung in die staatliche Gedenkstättenarbeit und Organisation öffentlicher Gedenkfeiern die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Holocaust in Polen und darüber hinaus beeinflusste.


Die Sowjetunion, der ukrainische Nationalismus und die westliche Öffentlichkeit im Kalten Krieg - Propaganda, Politik und die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg

Eigene Stelle (DFG)

Dr. Kai Struve

Das Projekt untersucht sowjetische Darstellungen des ukrainischen Nationalismus und sowjetische Versuche, das Bild der ukrainischen Nationalisten in den Ländern des Westens zu beeinflussen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Zeit des Kalten Kriegs. Im Zentrum sowjetischer Darstellungen stand in dieser Zeit die Zusammenarbeit ukrainischer Nationalisten mit dem nationalsozialistischen Deutschland während des Zweiten Weltkriegs. Sowjetische Darstellungen knüpften aber auch an ältere Bilder der ukrainischen Nationalisten aus der Vorkriegszeit an. Insgesamt leisteten sie, so eine der Ausgangsthesen des Vorhabens, keinen Beitrag zur historischen Aufklärung, sondern konstruierten ein Feindbild, das in Teilen der ehemaligen Sowjetunion bis in die Gegenwart wirksam ist. Noch im Jahr 2014 trug seine Instrumentalisierung in russischen Medien dazu bei, dass im Osten der Ukraine ein bis heute andauernder Krieg entstand. Das Projekt analysiert am Beispiel der Bundesrepublik Deutschland, der USA und Kanadas aber auch den Diskurs über die ukrainischen Nationalisten in der Öffentlichkeit westlicher Länder, um festzustellen, ob und wie sowjetische Darstellungen rezipiert wurden. Es fragt darüber hinaus danach, auf welchen anderen Wegen und in welchen Kontexten sowjetische Aktivitäten Vorstellungen über den ukrainischen Nationalismus im Verhältnis zu anderen Faktoren in der westlichen Öffentlichkeit beeinflussten. Dafür untersucht das Projekt drei größere öffentliche Diskussionen, in denen wesentliche Aspekte die ukrainischen Nationalisten und die ukrainische Diaspora betrafen. In allen diesen Debatten stand die Zeit des Zweiten Weltkriegs im Mittelpunkt. Dabei handelt es sich um Diskussionen über die Einwanderung der „Displaced Persons“ in den USA und Kanada Ende der 1940er Jahre, die Debatte in den Jahren 1959/60 über den damaligen westdeutschen Minister Theodor Oberländer und das ukrainische Bataillon „Nachtigall“ im Jahr 1941 sowie Ermittlungen der Justiz in den USA, Kanada und anderen Ländern gegen osteuropäische Immigranten der Nachkriegszeit in den 1970er und 1980er Jahren wegen Verdachts an Verbrechen unter der deutschen Herrschaft während des Zweiten Weltkriegs beteiligt gewesen zu sein. Das Projekt fragt darüber hinaus danach, inwieweit die Diskussionen in der westlichen Öffentlichkeit wiederum auf die Darstellung der ukrainischen Nationalisten in der Sowjetunion zurückwirkten. Damit ist das Vorhaben als Beitrag zu einer Verflechtungs- und Wissensgeschichte des Kalten Kriegs konzipiert. Es untersucht den ukrainischen Fall, berücksichtigt aber auch Zusammenhänge mit anderen, ähnlichen Fällen, vor allem demjenigen der baltischen Länder.


Die ersten jüdischen Museen Ostmitteleuropa zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Promotionsprojekt, MLU Halle

Dorothea Warneck

Jüdische Museen und Ausstellungen sind nicht erst ein Phänomen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts gab es in Europa erste Judaica-Ausstellungen und seit Mitte der 1890er Jahre erste Museumsgründungen (das weltweit erste jüdische Museum wurde 1895 in Wien eröffnet). Etwa zehn jüdische Museen wurden zwischen 1906 und 1938 in Ostmitteleuropa von jüdischen Privatpersonen, Gemeinden und Vereinen aus den unterschiedlichsten religiösen, politischen und sozialen Milieus heraus gegründet. Diese Disparität der Entstehungszusammenhänge und die Heterogenität der an den Projekten beteiligten Personen, lassen sich auch an der Programmatik der verschiedenen Museen und ihren jeweiligen Orientierungen an musealen Vorbildern und Konzepten ablesen.
Das Dissertationsprojekt will die Genese dieser ersten jüdischen Museen in Ostmitteleuropa, die Anfänge der Musealisierung des bisher ausschließlich sakral bedeutsamen, nun auch mit kultur- und kunstgeschichtlicher Bedeutung aufgeladenen jüdischen materiellen Erbes, als Phänomen der Moderne in ihren vielschichtigen inner-jüdischen, nationalen, transnationalen, wissenschaftsdisziplinären, museologischen, politischen wie sozialen Bezügen unter Berücksichtigung der jeweiligen Spezifika der einzelnen Museen untersuchen. Dabei soll zum einen der Frage nachgegangen werden, wie Vorstellungen jüdischer, polnisch-jüdischer, tschechisch-jüdischer oder imperial geprägter Identität(en) über welche Geschichtsnarrative und mit welchen Sammlungs- und Ausstellungskonzepte über das Medium Museum verhandelt, konstruiert und vermittelt werden sollten. Welche Funktion und Bedeutung kam diesen Museen im Zusammenhang mit neu zu verhandelnden Identitätskonzepten und Nationalgeschichten im Kontext tiefgreifender Brüche und Zäsuren zu Beginn des Jahrhunderts zu?
Zum anderen sollen mit dieser Arbeit Antworten auf die wissenschaftlichen Entstehungszusammenhänge dieser Museumsprojekte, ihre disziplinären Orientierungen und museologischen Spezifika gefunden werden und danach gefragt werden, welche Formen des Wissenstransfers und welche (inoffiziellen), (trans-)nationalen Netzwerke und Verbindungen es zwischen den einzelnen jüdischen Museen und ihren Akteuren gab, sowie zu anderen, nichtjüdischen Museen, etwa Nationalmuseen, Volkskundemuseen oder Kunsthistorischen Museen gab. Somit ließen sich diese frühen ostmitteleuropäischen jüdischen Museen einerseits in den gesamteuropäischen Kontext des Phänomens der Entstehung jüdischer Museen um die Jahrhundertwende einordnen und andererseits innerhalb allgemeiner nationaler wie europäischer museologischer Entwicklungen und Debatten dieser Zeit verorten. Im Rahmen der Arbeit sollen sechs Museumsprojekte exemplarisch analysiert werden, die zwischen 1906 und 1934 in den territorialen Grenzen der Zweiten Polnischen Republik sowie der Tschechoslowakei, im städtischen wie ländlichen Raum entstanden.


Literatur der Zwischenzeit. Die Displaced Persons in der polnischen Literatur

Promotionsprojekt, FSU Jena

Johann Wiede, M.A.

Ziel der literaturgeschichtlichen Dissertation ist die Erschließung eines bisher nicht gezielt (oder nur peripher durch die Geschichtswissenschaft) untersuchten Forschungsgegenstandes, der Literatur von DPs – vor allem KZ-Überlebenden, ehemaligen Zwangsarbeitenden und Kriegsgefangenen – in der polnischen Literatur der Nachkriegszeit. Sie finden sich beispielsweise in einigen Texten von bekannteren polnischen Autoren wie Tadeusz Nowakowski, Jerzy Stempowski oder Tadeusz Borowski, aber auch vielfach in noch nicht publizierten oder übersetzten Texten – wie z.B. in DP-Lagerzeitungen, Reiseberichten, Kolumnen der Exilpublizistik.

Dieses bewusst literarisch und publizistisch weitgefasste Textmaterial soll anhand strukturierender Merkmale, Erzählmittel sowie formaler wie inhaltlicher Motive und Narrative untersucht werden. Dabei berufe ich mich auf die vor allem in der polnischen Literaturwissenschaft geleisteten Vorarbeiten zur Zeugnis- und Lagerliteratur und werfe einen komparatistischer Blick auf andere DP-Literaturen, vor allem zur jiddischen und lettischen „DP-Literatur“. Auch wird auf den Themenkomplex der DPs aus publizistischer und nichtbetroffener Sicht eingegangen. Leitend in der Analyse der Texte, die auf eine literaturhistorische und -theoretische Einordnung aufbaut, ist die Frage, ob sich spezifische Schreibweisen, Erzählformen und motivische Gemeinsamkeiten innerhalb der polnischen Nachkriegsliteratur und damit eine eigenständige polnische DP-Literatur konstituieren lassen.

In einem Vergleich mit der kanonisierten polnischen Literatur (u.a. Tadeusz Borowski, Tadeusz Nowakowski und die Texte der Pariser 'Kultura') wird davon ausgehend die Stellung einzelner Texte und Autor*innen neu bewertet und in Beziehung zu weniger bekannten Autor*innen wie Irma Zembrzuska oder Kazimierz Zenon mit DP-Geschichte gesetzt. Mit drei größeren analytischen Teilen zu fiktionalen, dokumentarischen und publizistischen Texten von und über DPs sowie ein Verweis auf die in den DP-Lagern geschriebenen autobiographischen Texte strebt die Dissertation an, die Grundlage für weitere spezifische Analysen und Arbeiten zur polnischen und transnationalen DP-Literatur bieten.


Emotionen unter extremen Bedingungen. Gefühlswelten in Polen unter deutscher Besatzung, 1939-1945

Eigene Stelle (DFG)

Dr. Katarzyna Woniak

Im Projekt laufen zwei große Forschungsstränge zusammen: Besatzungsgeschichte und Emotionsgeschichte. Beide bilden den Hintergrund für die leitende Fragestellung nach den Gefühlswelten der ethnisch heterogenen Bevölkerung Polens unter deutscher Besatzung. Das Projekt soll ergründen, unter welchen politischen und sozialen Umständen bestimmte Gefühle dominierten und welche Handlungen aus ihnen resultierten. Anhand der privaten zeitgenössischen Ego-Dokumente (Briefe, Notizen und Tagebücher) unternehme ich den Versuch, die Emotionen der „besetzten“ Bevölkerung in ihren unterschiedlichen Ausprägungen zu erfassen. Ausgehend vom Konzept der Mediävistin Barbara H. Rosenwein können die Einwohner Polens in dieser Zeitspanne als „emotional communities“ aufgefasst werden. Ich vermute, dass es unterschiedliche „emotionale Gemeinschaften“ gab, weil sich zum einen die Besatzungserfahrungen der einzelnen ethnischen Gruppen gravierend voneinander unterschieden und zum andern selbst Angehörige ein und derselben Gruppe identische Ereignisse emotional auf ganz unterschiedliche Art und Weise erlebten und verarbeiteten. Damit ermöglicht eine emotionsgeschichtliche Analyse neue Erkenntnisse über die Besatzungszeit zu gewinnen.


Abgeschlossene Projekte unserer MitarbeiterInnen und Mitglieder finden Sie hier.