Archiv Vorträge

Prof. em. Dr. Daniel Weiss

Festvortrag von Prof. em. Dr. Daniel Weiss am 28.05.2015 in Jena

„Russia’s apology for the 1940 Katyń massacre in parliamentary debates in the Polish Sejm and the Russian State Duma“, 28.05.2015 in Jena, 17 Uhr, im Kleinen Sitzungssaal, Rosensäle, Fürstengraben 27 in Jena

Der Keynote-Vortrag eröffnet den Workshop „Language in Politics in Slavic speaking countries“, der vom 28.05-29.05.2015 anlässlich des „Tages der slavischen Schrift und Kultur 2015“ in Zusammenarbeit mit dem Institut für Slawistik der FSU Jena veranstaltet wird.

Die Hinrichtung von 22 000 polnischen Offizieren und Intellektuellen in den Wäldern von Katyń in April 1940 warf für Jahrzehnte einen Schatten auf die Beziehungen zwischen den beiden Staaten, auch nachdem eine Untersuchung der russischen Generalstaatsanwaltschaft (1991-2004) die Verantwortung der Sowjetunion für die Morde bestätigt hatte. Russland weigerte sich aber, das Massaker als Kriegsverbrechen bzw. Völkermord anzuerkennen und war nicht bereit, das russische Archivmaterial zugänglich zu machen und die Opfer posthum zu rehabilitieren. Am 22. März 2005 protestierte der polnische Sejm gegen diese Haltung und forderte, dass die russische Seite Zugang zu den Katyń-Akten gewährt. Im April 2012 stufte der Europäische Gerichtshof das Massaker als ein Kriegsverbrechen ein. In der Zwischenzeit gab der russische Widerstand gegen die Öffnung der Archive etwas nach: 81 von insgesamt 183 Bändern der Ermittlungsakten wurden nach Polen gebracht; Andrzej Wajdas Film über das Verbrechen lief 2007 im russischen Fernsehen. Nachdem Gorbatschow, Jelzin und Putin ihr Bedauern ausgedrückt hatten, verabschiedete endlich auch die russische Duma eine Resolution, in der Stalin und der NKWD die Schuld für das Verbrechen zugeschrieben wurde (26. November 2010). Der Festvortrag widmet sich in erster Linie einer Analyse der begleitenden Debatte. Sie wird auch mit den zuvor und danach im polnischen Parlament verlaufenden Debatten verglichen. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Argumente der kommunistischen Duma-Fraktion gerichtet, die sich weigerte, jedwede Schuld der Sowjetunion für das Verbrechen anzuerkennen. Des Weiteren wird das Gewicht der historischen Erinnerungen und Aussagen im Detail untersucht. Eine mögliche thematische Erweiterung kann die Luftkatastrophe bei Smoleńsk darstellen (10. April 2010), in der Präsident Kaczyński und 95 andere Vertreter der polnischen Regierung auf dem Weg zu Feierlichkeiten anlässlich des 70. Jahrestags des Massakers ums Leben kamen. Diese Katastrophe schuf Nährboden für neue Verschwörungstheorien, die aus den Reihen der polnischen konservativen Partei PiS kamen.

Das gesamte Programm des Workshops finden Sie hier.